Gestörtes Gleichgewicht oder alles im Lot?

Die Diskussion, wie es dem Erotikmarkt gelingen kann, neue Käufergruppen anzusprechen, verliert nie an Aktualität und auch wenn die Strategien für dieses Unterfangen vielschichtig sind, Sex Toys kommen darin immer vor. Dominiert diese Produktkategorie den Markt eventuell sogar zu stark oder ist die Balance mit anderen Produkten gegeben?

matze_pc_webMatthias Poehl

Es macht in der Tat den Anschein, als würde die Balance zwischen Sex Toys und anderen Produkten – hier sind vor allem Gleitgele, Massageöle, Nahrungsergänzungsmittel, Kosmetik- und Pflegeprodukte, Badezusätze sowie andere Verbrauchsartikel zu nennen – etwas zugunsten von Vibratoren verschoben sein. Die Gründe hierfür liegen auf der Hand. Dass die Marge eine tragende Rolle dabei spielt, ist klar, denn am Ende des Tages geht es um das Geschäft. Ein weiterer Grund ist sicher die Berichterstattung über diverse Produkte aus dem Sex Toy Segment in den Medien, die für andere Artikel nur selten stattfindet.

Zudem erscheint es so, als würde die Produktkategorie Love Toys mit technologischem Fortschritt, Innovation, Entwicklung und dem Faktor ‚Neuheit‘ verbunden werden, während in der Wahrnehmung zum Beispiel ein Massageöl ein Massageöl bleibt, auch wenn es neue Features aufweist. Wie auch immer, anderen Produkten sollte nicht zu wenig Aufmerksamkeit zukommen, denn gerade Artikel wie Massageöle, Gleitgele und andere Dinge, die irgendwie mit Romantik, Sinnlichkeit, Spaß und Zweisamkeit eingenordet werden, eignen sich perfekt dazu, neue Käufergruppen anzusprechen. Obwohl wir uns das alle wünschen, ist es aber eben nicht die Realität, dass jeder Konsument gegenüber Vibratoren und Dildos offen eingestellt ist.

Auch wenn vielleicht Neugier vorherrscht oder der Wunsch besteht, das Liebesleben auf einen neuen Level zu bringen, so ist die Bereitschaft, für einen Vibrator ins Portemonnaie zu greifen, nicht zwingend hoch. Der Prozess, diese Kunden zu gewinnen und dahin zu führen, dass sie irgendwann mal zu einem luxuriösen Vibrator greifen, ist lang und sollte einen behutsamen Anfang nehmen. Als Einstieg können Cremes, Öle und andere Dinge zum gegenseitigen Verwöhnen dienen, die im besten Falle Lust auf mehr machen. Und: diese Artikel sind die perfekten Produkte für Pärchen, also für eine Zielgruppe geeignet, die eine gewichtige Rolle spielt im Erotikeinzelhandel. Da es sich bei diesen Produkten zudem um Artikel handelt, die sich verbrauchen, müssen sie nachgekauft werden. Das bedeutet, dass der Kunde immer wieder ins Geschäft kommt bzw. den Webshop besucht, um sein Lieblingsprodukt nachzukaufen. Er sorgt somit für wiederkehrende Umsätze.

Auch wenn natürlich der Verkauf eines teuren Vibrators mehr Spaß macht als der Verkauf einer Tube Gleitgel, sei die Frage erlaubt, wie schnell denn der Kunde, der den Vibrator gekauft hat, wieder ins Geschäft oder auf den Webshop kommt, um den nächsten Vibrator zu kaufen? Die Tube Gleitgel wird früher oder später aufgebraucht sein und der Kunde ist zum Nachkaufen gezwungen. Im besten Falle beginnt der Kunde sich durch seinen Besuch bzw. den Kauf des Gleitgels für andere und vielleicht auch ausgefallenere Produkte zu interessieren. Hier spielen dann das Angebot, die Promotion, das Beratungs- oder Verkaufsgespräch etc. eine tragende Rolle, um die Kaufentscheidungen des Kunden zu lenken. So sind dann vielleicht Massagekerzen der Einstieg in das Universum der Sex Toys.